ALLRAD – ABENTEUER – AFRIKA

Afrika-Klischee wie aus dem Bilderbuch: Lendenschurz tragende San Buschmänner laufen mit einem Bogen durch die Wildnis und jagen ein Wildschwein. Eine Szene aus der Namibia-Folge der Serie “No reservations” mit Anthony Bourdain. Als wir diese angeschaut haben, wussten wir nicht, dass wir genau diese Buschmänner Kennenlernen würden.

Wegen gebrochenen Blattfedern an unserem mobilen Zuhause mussten wir in Grootfontein, Namibia auf Ersatzteile warten. Ohne diese Panne und der sich daraus ergebenen Wartezeit hätten wir die tolle Erfahrungen mit den Buschleuten – den Ureinwohnern des südlichen Afrikas – niemals machen können.

Alles fing mit einer SMS an, die wir von der Mutter einer namibischen Freundin bekamen. Sie schrieb uns Tipps, wie wir uns die Wartezeit in dem kleinen Städtchen im Nordosten Namibias vertreiben könnten. Unter anderem gab Sie uns den Kontakt zu einem guten Bekannten: Dem Großwildjäger Arnold, der seit vielen Jahren mit einer San-Frau verheiratet ist. Wir riefen ihn gleich an. Arnold lud uns für den nächsten Nachmittag auf seine Rinderfarm in der Nähe von Grootfontein ein.

Anthony Bourdain bei Arnold und seiner San-Familie

Auf seinem Grundstück leben auch die Verwandten seiner Frau Casa. Und genau hier war eben auch Anthony Bourdain zu Gast. Er hat Mopane-Würmer probiert und gemeinsam haben sie einen Wildschweinkopf auf traditionelle Art zubereitet. D.h. der Kopf wird mit Haaren und allem drum herum im Sand vergraben, und glühende Kohle darauf geschichtet. So wird er dann für mehrere Stunden gegart.

Auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Aber die Serie heißt ja schließlich auf deutsch „Eine Frage des Geschmacks”. Der mit Haut und Haaren zubereitete Warzenschweinkopf gehört nicht mehr zum normalen Ernährungsplan der Buschmänner. Die Mopane-Würmer aber schon. Wir hätten sie auch sehr gerne probiert, nur war leider gerade nicht Saison, als wir dort waren.

Zu Besuch bei San Buschleuten in Namibia

Das Besondere auf Arnolds Farm war, dass wir die Lebensweise der San nicht nur in einem künstlichen Showdorf  vorgeführt bekamen, sondern den tatsächlichen Alltag miterlebten. Zusätzlich zeigten sie uns zusätzlich auch ihre Traditionen und Riten. Übrigens konnten wir hier auch “die einzigen, garantiert authentischen Buschmann-Felszeichnungen Namibias” betrachten, wie Arnold scherzt. Warum er sich da so sicher ist? Er hat seiner San-Familie selbst beim Malen zugesehen.

Arnold hat drei Kinder, die alle fließend Deutsch, Englisch, Afrikaans und Khoisan sprechen. Absolut faszinierend, wie sie reibungslos zwischen den Sprachen hin und herwechseln. Vor allem ihnen will er gemeinsam mit seiner Frau und ihren Verwandten San-Kultur ans Herz legen.

Wenn man sonst Naturvölker besucht wie z.B. die Mursi in Äthiopien, hat es meiner Meinung nach was von Menschenzoo. So war es aber ein gemeinsames Erlebnis: Beim traditionellen Tanz am Lagerfeuer sprang der Funke der Begeisterung auf uns über. Es machte den Kids sichtlich Spaß Lendenschurz oder Lederkleid anzuziehen und sich zur Musik zu bewegen.

Am nächsten Tag konnten wir dann bei einem Bushwalk mitmachen. Auf der weitläufigen Farm haben die San ein traditionelles Dorf mit einfachen Rundhütten aufgebaut. Es dient aber nur noch zum Zeigen. Sie selbst leben heute näher beim Farmhaus in Lehmhäusern.

Klar gehörte zur Präsentation auch das Bogenschießen, das Wahrsagen, traditionelle Musik und das Feuer machen ohne moderne Hilfsmittel.

Mit Bogen jagen gehen die San heutzutage nicht mehr. Das Wildschwein in der Anthony Bourdain-Folge wurde natürlich auch nicht live gejagt. Die Filmsequenz wurde nur geschickt zusammengeschnitten. Was die San-Verwandtschaft von Arnold aber – außer Mopane Würmer essen – immer noch macht, ist Beeren sammeln und Schmuck aus Straußeneiern herstellen.

Die San heute: Zwischen modernen Entwicklungen und Tradition

Auch Arnolds Ehefrau sitzt gemeinsam mit den anderen Buschleuten in einem geselligen Kreis, schnackt in der Khoisansprache mit den faszinierenden Klicklauten und zerschlägt ausgeblasene Straußeneier. Die Schalen werden anschließend in mühevoller Arbeit zum Beispiel zu einer Kette aufgefädelt. Es macht ihr Spaß und sie genießt es, mit ihrer Familie zusammen zu sein. Sie lebt zwar in zwei Welten, aber es scheint sie nicht zu zerspalten. Ich bekomme den Eindruck, es ist eher ein harmonisches Nebeneinander, obwohl die Lebensweisen so verschieden sind.

Casa hat selbst nie eine Schule besucht, aber ihre Zwillinge gehen auf die deutsche Grundschule und ihre älteste Tochter besuchte ein Buren-Internat. Ungewöhnlich in einem Land, in dem bis 1990 das Apartheid-Regime Südafrikas das Sagen hatte, immer noch deutliche Spuren hinterlassen hat.

San Buschmann in Namibia

Arnold sucht inzwischen nach Nachfolgern für die Buschwalks, aber die jungen Männer in der Familie haben leider keine Lust dazu. Sie haben die Schule besucht, ziehen in die Stadt und finden ihre eigene Kultur rückständig. Sie interessieren sich mehr für Mode und Elektronik. Aber es ist immer noch schwieriger für die San einen Job zu finden als für andere Bevölkerungsgruppen, denn sie werden stark benachteiligt.

Aus dem Nachmittag auf der Farm, wurde schließlich mehr als eine Woche. Nachdem Arnold uns kennengelernt hatte und wir von unsere Afrika-Reise erzählten, lud er uns ein, länger zu bleiben. Wir haben die Zeit dort total genossen, weil wir viel über die Kultur der San, das Farmleben und auch über die Jagd gelernt haben.